«Sonntag, den 25. Juli 1921, abends 8 Uhr im «Freihof». Fritz Müller als Vorsitzender eröffnet die Versammlung unter Anwesenheit von 15 Ehren-, Frei- und Passivmitglieder, worauf Hans Vogel als Tagesaktuar gewählt wird.»
Mit diesen Worten beginnt das Protokoll der Gründungsversammlung der Männerriege des Arbeiterturnvereins Neuhausen, handgeschrieben in bester (und heute kaum mehr entzifferbarer) deutscher Kurrentschrift. Das Originalmanuskript liegt heute noch in unserem Vereinsbesitz, genauso wie die Protokolle aller nachfolgenden GV’s bis in die Gegenwart.
Und mit seinen für die damalige Zeit massiven Industrieanlagen (allen voran die ehrwürdige SIG) konnte Neuhausen problemlos Sportbegeisterte aus dem «Büetzertum» rekrutieren, um diesen Turnverein mit Mitgliedern aufzufüllen, der als Gegenpol zu jenem «Club der freisinnigen und sich zur Elite zählenden Kameraden vom anderen Quartier» funktionierte. So gibt es diesen langgestreckten Hang zwischen Rosenberg und der Hohfluh, der gleichzeitig auf der einen Seite «roter Hügel» hiess und auf seiner anderen Seite mit epochengerechten Bonzen-Villen bebaut wurde. Neuhausen eben.
Machen wir einen Sprung 100 Jahre weiter: Unsere Männerriege beherbergt aktuell gemäss Appellbuch 35 Mitglieder in der Jahrgangsspannweite 1939–1972, und es turnen längst auch Doktorierte, Kaderleute oder unterrichtende Schulleitungsmitglieder mit – dabei gibt es nicht einen Moment von Standesdünkel oder Klassendenken! Die Eintracht wird bei uns sehr hochgehalten.
Dank der grossen Fülle an Originaldokumenten wie Protokollen, Einladungen zu Anlässen oder Erfahrungsberichten schreibfreudiger Männerriegeler stellen wir fest, dass sich gewisse Rituale und Eigenarten durch das geschlagene Jahrhundert erhalten haben. Die in der Gründungsversammlung beschlossene jährliche Bergtour markiert heute noch jedes letzte Augustwochenende einen Aktivitätenhöhepunkt. Wie die in Aufsätzen aus den vergangenen Dekaden beschriebenen Kameraden sind wir Männerriegeler von heute immer noch aktiv auf Wanderungen, in den Turnstunden, beim anschliessenden Umtrunk, bei der heiteren Geselligkeit und beim Witzeklopfen.
Während unserer grossen Jubiläumsfeier in Hallau (SH) haben wir besonders den nach wie vor vorhandenen vitalen Esprit, unseren Teamgeist und den Power, mit welchem wir uns durch den modernen Alltag bringen, demonstrieren dürfen. Dies bilden die beigelegten Fotos prächtig ab.
Momentan erfreuen wir uns an den Veranstaltungen, die wir trotz der Pandemie immer in irgendeiner Form durchführen, um uns so das wichtige kameradschaftliche Zusammenkommen zu ermöglichen: Wer einen Geburtstag in der Fünfer-Reihe feiert, stellt eine fulminante Party.
Wir Männerriegeler helfen an sämtlichen Veranstaltungen unseres Vereins oder eines der befreundeten Vereine. Und der Klausbummel führt uns und unsere Familien zum Samichlaus, der «den fehlbaren Kameraden» unterhaltsam die Leviten liest.
Die einzige Unbill, mit welcher wir uns herumschlagen, ist die wachsende Schwierigkeit eine funktionierende Beiz in der Rheinfall-Metropole zu finden, die uns nach zehn Uhr noch «ausdauernd bedient» - Unsere Gemeinde rangierte einst lange Jahre schweizweit in den Top-Ten, was die Beizen-Dichte anbelangte!
Wie auch immer: Das Lachen und die Lust auf Sport vergehen uns nicht. Wir bleiben am Ball!
Optimistisch in die nächsten hundert Jahre…
Text: Ralph Wiegandt / Fotos: Gianfranco Melone
